Kritik St.Blasien Badische Zeitung, 2. Oktober 2006

 


90 Minuten Klangrausch - die Zuhörer auf Wolke sieben

 

Die drei hochkarätigen Gitarristen des "Nicolau-Trio" verzaubern das Publikum beim Klosterkonzert mit Werken aus 200 Jahren

ST. BLASIEN. Sie nennen sich Nicolau-Trio" und interpretieren die Musik des griechisch-italienischen Komponisten Dimitri  Nicolau engagiert, leidenschaftlich mit scheinbarer Distanz. Das ist typisch für Meister der akustischen Gitarre. Bei ihnen konzentrieren sich Körperhaltung, Spannung und Gedanken auf die Fingerbewegung der rechten Hand und den Druck der linken. Dimitri Nicolau fordert auch die Handballen, denn der 1946 geborene Komponist und derzeitige Professor an der Musikhochschule von Rom nutzt die Gitarre auch als Schlaginstrument. 90 Minuten Klangrausch aus 200 Jahren begeisterte die Zuhörer im Klostersaal in St. Blasien, sodass zwei Wiederholungen als Zugabe gewährt wurden.

Andreas Schumacher, Christian Wernicke und Armin Korn haben sich als Nicolau-Trio zusammengefunden. Ihr Zusammenspiel bei Granados, Nicolau und Bizet sind ein Genuss. Bei Piazzolla formieren sich Andreas Schumacher und Christian Wernicke zum Duo, bei Brouwer spielen Armin Korn und Christian Wernicke zusammen.

Mit dem romantischen Ohrwurm “Recuerdos de la Alhambra" von Francisco Tarrega hob Andreas Schumacher als Solist die Zuhörer auf Wolke sieben. Dieses Stück, das den Bass ein Lied singen lässt zum Mandolinenschlag der Melodiesaiten, reizt die Möglichkeiten der Gitarre klanglich und virtuos aus. Mit seiner Leistung empfahl sich Schumacher auch aufs Beste für seine Arbeit als Dozent bei Lehrgängen im “Bund Deutscher Zupfmusiker” und am Musikkonservatorium von Schaffhausen, aber auch am Kolleg St. Blasien. Mit diesem Stück könnte es ihm auch sehr wohl gelingen, Jugendliche von der E-Gitarre hin zur akustischen Gitarre zu locken.

Mit “Mi Tripon", einem venezolanischen Wiegenlied, setzt Christian Wernicke die Präsentation der romantischen Sologitarre fort. Vor drei Jahren gewann er den wichtigsten nationalen Wettbewerb für junge Musiker. Als Mitglied In unterschiedlichen Ensembles wirkten beide Musiker bereits in Fernseh- und Rundfunkproduktionen mit. Auch Armin Korn ist Lehrgangsdozent für den “Bund Deutscher Zupfmusiker”.  Drei Vollblutgitarristen also, die mit Leichtigkeit die Klangschönheit, die Vielseitigkeit und das Temperament des Instrumentes darzustellen verstehen.

Nach der wärmenden Lyrik von Tarrega wirkte Three Dances" von Dimitri Nicolau zunächst wie eine kalte Dusche. Zwischen Jazz und Tango angesiedelt sind die Tänze ein Spiegelbild der Welt. Leidenschaftlich nicht nur im Sirtaki, verträumt und doch immer wieder in die tragische Realität gerissen, wie sie der Tango abbildet und besingt, unterbrochen von Rhythmen, die auf Decke und Rand der Gitarre geschlagen werden. Mal ähneln diese Rhythmen Schüssen, mal begleitenden Trommeln.

Dimitri Nicolau begann 1959 zu komponieren. Acht Jahre später wurde der Regimegegner von der griechischen Militärdiktatur verurteilt und erhielt in Italien politisches Asyl. Unter seinen 290 Werken finden sich viele Gitarrenkompositionen. Wenn sich die drei Vollblutgitarristen als Trio Nicolaus Namen geben, spiegelt sich darin ein Teil Ihrer Grundauffassung von Gitarrenmusik wider. In dieses Konzept passte dann auch die Gitarrenversion von Bizets “Carmen", die die Faszination, die von der rebellischen, verführerischen Zigeunerin ausgeht, überzeugend vermittelte.

Seit fast zehn Jahren organisiert Harald Stempa, Preisträger der Volksbank Hochrhein Stiftung, den “Gitarrenworkshop Im Schwarzwald". Vom 5. bis 10. Oktober Ist es wieder so weit. Schloss Beuggen und Bad Säckingen sind Lehr-, Lern- und Konzertorte der Reihe. Schön, dass Michael Neymeyer in St. Blasien ein Trio-Konzert vorschaltete. Das ist musikalische Kulturarbeit, die über den Horizont blickt.

Margrit Matyscak